Dieser Artikel wendet sich an Lehrende, die Vorlesungen oder ähnliche LVA-Typen mit Online-Videokonferenzen durchführen wollen.

Schritt-für-Schritt-Anleitung

Es war ja nicht geplant, aber es ist nun bis zumindest Ende Juni 2020 Realität – wir unterrichten unsere Studierenden von heute auf morgen zu 100 % im Online-Setting.

Dreistündige Vorlesungen mit hohen Hörer_innenzahlen werden nun in Form von Webkonferenzen durchgeführt. Kann die didaktische Herangehensweise der Präsenzveranstaltung einfach in die Web-Konferenz übertragen werden? Oder empfehlen sich Änderungen in der didaktischen und organisatorischen Durchführung? Lernen die Studierenden motivierter mit? Oder haben sie sich verabschiedet, indem sie an der Webkonferenz nicht mehr teilnehmen?

Wir formulieren hier einige Gedanken für eine gelungene Webkonferenz mit hohen Teilnehmer_innenzahlen. Aber – wir sind an Ihren Erfahrungen interessiert. Treten Sie mit uns in Kontakt und posten Sie uns, wie Sie Ihre LVA gestaltet haben und welche Erfahrungen Sie gemacht haben.

Web-Konferenz mit großen Gruppen

Von großen Gruppen sprechen wir, wenn es nicht möglich ist, die Teilnehmer_innen innerhalb einer Unterrichtseinheit per Webkonferenz alle zu Wort kommen zu lassen – das ist ungefähr bei einer Größe ab 12 Teilnehmer_innen in einer Unterrichtseinheit von 50 Minuten der Fall.

Egal, ob Sie nun 12 Teilnehmer_innen oder 250 Teilnehmer_innen unterrichten – die hier beschriebenen Empfehlungen gelten für alle großen Gruppen (und manchmal auch für kleine).

Die Vorbereitung

Auch wenn wir bereits mitten im Semester sind – der Vollständigkeit halber gehen wir auch auf die Vorbereitung kurz ein.

Die Vorbereitung der Lehrenden bezieht sich auf das Kennenlernen des Web-Konferenztools und die didaktische Planung der Unterrichtseinheiten.

Die Vorbereitung der Studierenden durch die Lehrenden umfasst:

  • Bekanntgabe der Zulässigkeitsvoraussetzungen wie Prüfungsanmeldung
  • Technische und organisatorische Voraussetzungen wie Kommunikation der Adresse und Tools für die Web-Konferenz, sowie einer Kontaktperson, wenn technische Probleme auftreten. Denken Sie daran, auch einen zweiten Kommunikationskanal bekannt zu geben, wenn das Webkonferenz-Tool nicht funktioniert. Das kann z.B. ein Chat in Ihrem TUWEL-Kurs oder das it.chat der TU Wien sein.
  • Vorbereitung und Durchführung der Online-Videoprüfung wie Empfehlungen für die Gestaltung des studentischen Online-Raumes (Hintergrund, Einblicke in die Privatsphäre, u.ä.), Kommunikationsregeln im Chat, in der Videokonferenz und außerhalb der Online-Zeiten (wie Sprechstunden, Fragen, etc.)
  • Verfahren bei außergewöhnlichen Vorkommnissen

Siehe auch Leitfaden für die Durchführung von Online-Videoprüfungen

Die Vorlesungsinhalte und Zeiteinteilung

In den meisten Präsenzlehrveranstaltungen hat der Vortragende den Lehrstoff für die jeweilige LVA definiert und den geplanten Vortrag auf PowerPoint-Folien zusammengefasst und vorstrukturiert. Es reicht nicht aus, die Folien und weiterführende Literatur in TUWEL hochzuladen und zu kommunizieren, dass das der Prüfungsstoff sei, der am Ende des Semesters abgeprüft werde. In diesem Szenario fühlen sich die Studierenden alleine gelassen. Auch wenn sie die Vorbereitung im Selbststudium schaffen würden, sie sind nicht motiviert, warten auf bessere Zeiten und verlieren zumindest für diese LVA ein Semester.

Wie kann es besser gehen? Holen Sie sich die Studierenden ins Online-Boot!

Ein Vorschlag:

  • Legen Sie in TUWEL Gruppen über die Funktion „Gruppenverwaltung“ an und bilden Sie je nach Lehrstoff 3-5er Gruppen. Gruppenarbeit erfolgt primär in TUWEL. Je schwieriger der Lehrstoff, desto kleiner die Gruppe. In kleinen Gruppen (ca. 3 Personen) ist die Gefahr in die „innere Imigration“ zu gehen geringer, da der soziale Zusammenhalt schneller entsteht. Wenn die Aufgabenbearbeitung viel Diskussion einschließt, ist das Arbeiten in größeren Gruppen (5-7 Personen) spannender.
  • In TUWEL richten Sie Online-Lernräume für Ihre Studierenden ein. Diese Lernräume sollen von den Studierenden zwischen den Lehrveranstaltungen genutzt werden und dienen der studentischen Zusammenarbeit. Wählen Sie dazu aus den umfangreichen Features von TUWEL jene aus, die für Ihre geplante Gruppenarbeit sinnvoll ist. Das kann z.B. die Einrichtung von Foren für die Gruppenkommunikation sowie die Freischaltung der Funktion „Aufgabe“ für das collaborative Erarbeiten von Lerninhalten umfassen.
  • Organisation der Online-Lehre mit Webkonferenzen:
    • Funktion der Webkonferenz:
      ca 60 % der Online-LVA-Zeit dient der Wissensvermittlung, 40 % der Motivation und Einbindung der Studierenden in die Online-LVA
    • Die Zeit zwischen den Lehrveranstaltungen:
      in Form von Gruppenarbeiten werden die Lehrinhalte nach bearbeitet. Stellen Sie einfache Aufgaben, die in der Gruppe zu lösen sind und vor der LVA in TUWEL hochgeladen werden.
    • Jede Gruppe bestimmt einen/eine Teilnehmer_In zur Moderator_In. Die Moderator_innenrolle wechselt wöchentlich und hat die Aufgabe, die Gruppe zum Lernen zu motivieren und darauf zu achten, dass die Online-Aufgaben gelöst und in TUWEL hochgeladen werden. Dadurch entstehen Verbindlichkeit in der Gruppe und eine höhere Identifikation mit den Zielen der Lehrveranstaltung. Geben Sie dieses Setting bekannt und erwarten Sie, dass der Rollenwechsel in studentischer Eigenverantwortung geschieht. Überprüfen Sie regelmäßig, ob es inaktive Gruppen gibt und intervenieren Sie gegebenenfalls, falls diese Maßnahme nicht funktioniert.
    • Zeiteinteilung: Ausgehend von einer 50-minütigen Vorlesung
      • Definieren Sie für die Wissensvermittlung maximal 35 Minuten, die jedoch nicht am Stück verwendet werden müssen.
      • Planen Sie Interaktionen ein, wie z.B. die Durchführung einer Befragung (Abstimmungstool), stellen Sie Fragen und fordern zur Beantwortung im Chat auf, lassen Sie Fragen im Chat zu.
    • Planung des Lernstoffes: gehen Sie davon aus, dass die vollständige Vermittlung des Lernstoffes, wie Sie es in der Präsenzlehre gewohnt sind, nicht gelingen wird. Zeitliche Gründe sprechen dagegen – schließlich planen Sie ja bereits 35 bis 40 % der Vorlesungszeit für Interaktion ein. Deshalb: führen Sie in die jeweiligen Kapitel ein, verweisen Sie auf die Schwerpunkte, auf die es ankommt, und verknüpfen Sie diese mit Ihrem Skriptum oder mit anderer weiterführender Literatur. Verzichten Sie dort, wo es möglich ist, auf die Vermittlung der Details – stellen Sie aber sicher, dass die Details im Selbststudium erarbeitet werden.
  • Mitarbeit während der Web-Konferenzen:
    • Planen Sie nach der Wissensvermittlung einzelner Lerneinheiten Zeit ein, in der Fragen gestellt werden können. Die Fragen können im Chat gestellt werden, oder es melden sich Gruppensprecher_innen zu Wort, die Fragen, die für alle Hörer_innen interessant sind, stellen. Lassen Sie maximal 3 Fragesteller_innen zu, sonst bekommen Sie ein Zeitproblem. Sollten mehr Fragen gestellt werden, verweisen Sie auf das Chat.
    • Stellen Sie Fragen und lassen diese im Chat beantworten. Wenn es der Fragetyp und die zeitliche Einteilung erlauben, dann sollen die Fragen in der Gruppe diskutiert werden, und der/die Gruppenmoderator_in postet die Antwort für die Gruppe. Der/die Tutor_in überfliegt die Antworten und gibt Ihnen Feedback zur Qualität der Antworten.
    • Holen Sie sich Stimmungsbilder ein:
      Stellen Sie Fragen, die Ihnen Feedback geben, ob die Inhalte verstanden wurden. Bringen Sie in Erfahrung, mit welchen Unterrichtsmaterialien Sie die Selbststudiumsphase unterstützen können.
    • Erlauben Sie auch Fragen im Chat während der Wissensvermittlung. Ein Tutor, eine Tutorin begleitet den Chat, wertet die Fragen aus und gibt Ihnen Hinweise, auf die Sie eingehen sollen.
  • Regeln im Chat:
    • Halten Sie Ihre Studierenden an, Kürzel vor ihre Meldung zu geben. Z.B.: DR steht für Direct response, VF steht für Verständnisfrage, IN steht für Input, den die Studierenden zu Ihrem Vortrag haben. Damit fällt es Ihnen und Ihrem/Ihrer Tutor_in einfacher, die Fragen rasch auszuwerten und darauf einzugehen.
    • Bitten Sie, nur gängige Abkürzungen zu verwenden.
    • Halten Sie die Studierenden dazu an, nur wichtige und sinnvolle Beiträge zu schreiben.
    • Überlegen Sie sich, ob Sie aktive Mitarbeit im Chat in die Benotung einfließen lassen können. Achtung: das kann viel Arbeit für Sie bedeuten. Insbesondere sehr kommunikative Studenten und Studentinnen können Sie rasch an Ihre zeitlichen Grenzen bringen. Bieten Sie für diese Gruppe einen privaten Chat-Kanal an und verkleinern damit die „Bühne“.

Abschließend

Wir hören in letzter Zeit immer wieder von Studierenden, dass sie die Präsenzlehrveranstaltung auf Dauer nicht missen wollen. Sie berichten aber auch von sehr guten Erfahrungen in der Online-Wissensvermittlung. Deshalb empfehlen wir Ihnen, Ihre Studierenden zu befragen, was ihnen bei der Wissensvermittlung geholfen hat. Oft haben die Studierenden aber auch gute Vorschläge, die Sie in Ihre Vorlesung einbauen können. Holen Sie sich Feedback, damit Sie die Erfahrungen dieses Semesters auch in die zukünftige Präsenszeit integrieren können. In TUWEL steht Ihnen dafür das Feature "Feedback" zur Verfügung. Hier können Ihre Studierenden anonym Rückmeldungen geben.

Online-Lehre mit Web-Konferenzen ist eine neue Herausforderung, Erfahrungen gibt es noch wenige. Deshalb: teilen Sie uns und Ihren Kolleg_innen mit, wie Sie Ihre Online-Lehre organisiert haben. Wir und andere lernen gerne von Ihnen – auch Informationen über das, was nicht funktioniert hat, sind wertvolle Rückmeldungen.

Sie erreichen uns am besten: teachingsupport@tuwien.ac.at
Ihre Ansprechperson: Ilona Herbst

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